Wim Delvoye
Der belgische Künstler Wim Delvoye verschiebt in seiner Kunst Grenzen und kombiniert scheinbar Gegensätzliches. Seine begehbare Installation Chapelle ist eine komplett aus Metall konstruierte Kapelle nach gotischem Vorbild, die Fenster zeigen allerdings statt erwarteten traditionellen biblischen Szenen und Heiligendarstellungen Röntgenaufnahmen. Die sakrale Form bleibt – der Inhalt aber ändert sich radikal und bekommt profane und atheistische Züge, indem menschliche und tierische Skelette, Organe, Zähne, ausgestreckte Mittelfinger und sexuelle Handlungen auf dem eigentlich tiefreligiösen Medium Kirchenfenster abgebildet werden. Durch die Motive ergibt sich eine moderne Vanitas-Variation. Delvoye löst die Röntgen- und CT-Bilder aus ihrem medizinischen Kontext. Indem die leuchtenden Transparentbilder teils als Huldigung lustvoller Körperlichkeit erscheinen, wird das Morbide handkehrum zu einer Feier des Lebens – Eros und Thanatos sind so in einer Installation vereint.
Delvoyes Ansatz kann als ironische Kritik an metaphysischen Heilsversprechen und an traditionellen Sichtweisen von Kunst als Medium des Göttlichen gesehen werden. Chapelle fügt sich so in ein Gesamtwerk ein, das geprägt ist von hintergründigem Witz und drastischem Tabubruch, aber auch durch monumentale Materialität und kunstvolle Verarbeitung.
Auch sein eigenes Schaffen durchleuchtet der Künstler übrigens: So finden sich auf den Kapellenfenstern ebenfalls Röntgenbilder seiner provokanten Kunstmaschine Cloaca, die den menschlichen Verdauungsvorgang simuliert.
Der belgische Künstler Wim Delvoye ist bekannt für seine provokanten und unkonventionellen Kunstwerke, die mit hintersinnigem Witz bewusst alle Tabus brechen. Sein Werk Lick Pig aus dem Jahr 2000 ist eine Röntgenaufnahme, die ihn selbst – so suggeriert es die Brille – zeigt, wie er scheinbar am Anus eines Schweins leckt und damit Zoophilie als tabuisiertes sexuelles Verlangen zum Thema macht.