Mathieu Tremblin

Die Völklinger Hütte in Rotes Licht getaucht
Copyright: Weltkulturerbe Völklinger Hütte | Oliver Dietze

Portrait Tremblin

Portrait Tremblin
Copyright: Mathieu Tremblin

Geboren 1980 in Le Mans, Frankreich
Lebt und arbeitet in Strasbourg, Frankreich

Werke

Die Gesellschaft der Stadtwanderer

Voelklinger Chronicles #2 „Industrial Music“

Mathieu Tremblin Music kompr KHV

Mathieu Tremblin Music kompr KHV
Copyright: Karl Heinrich Veith

Datierung

2024, in situ

Beschreibung

Der Straßburger Künstler Mathieu Tremblin, treibende Kraft hinter der für die Urban Art Biennale 2024 ins Leben gerufenen Gesellschaft der Stadtwanderer, sammelte über Wochen hinweg Anekdoten von Völklinger:innen, die er zu einer märchen- und legendenartigen Erzählung der Geschichte Völklingens verband und ausformulierte. Dabei wurden die Kontaktdaten, unter denen Tremblin zu erreichen war, im Vorfeld mittels überall in der Stadt verteilten Plakaten an die Bürger:innen kommuniziert. Nun sind an vielen Stellen auf dem Gelände des Weltkulturerbes und im Völklinger Stadtgebiet die entstandenen Dichtungen an Wänden zu entdecken. Das Projekt wurde von aufgeschlossenem Interesse begleitet. „Die Leute hier waren direkt bereit, mit uns ins Gespräch zu kommen. Sie waren interessiert, haben gefragt, was wir denn da machen. Das ist für mich das Zeichen einer gesunden Stadt. Wenn die Stadt wirklich den Leuten gehört, dann freuen sie sich, wenn ihnen jemand etwas bringt, wie wir unsere Interventionen“, so der Künstler. Die lokale Partizipation, durch die Erinnerungen, Stimmungen, Gefühle und Momente zu einem urbanen Mythos mit ganz eigenständigem Charakter verschmelzen konnten, bildet ohne Zweifel den Kern dieser Arbeit.

Daniel Bauer

La fumée

Tremblin  la fume

Tremblin la fume
Copyright: Weltkulturerbe Völklinger Hütte / Karl Heinrich Veith

Datierung

2022, in situ

Abmessungen

Höhe 95 cm

Material

Ziegel, Beton

Beschreibung

Mit „La fumée“ verbindet Mathieu Tremblin – wie oft in seinem ungewöhnlich vielseitigen Werk konzeptueller Street Art – Ortsbezug, Formalismus und gesellschaftspolitischen Kommentar. Der gemauerte Fabrikschornstein en miniature ist dem riesigen Vorbild bei den Hochöfen des Völklinger Weltkulturerbes nachempfunden. Am Miniaturschornstein oben, wo es rauchen sollte, raucht es auch – aber anders als gedacht und nur wenn die mitgedachte Interaktion mit den Besucher:innen stattfindet. Denn wer genau hinschaut, erkennt am Schornsteinende kleine Kerben, wie man sie von Aschenbechern kennt. Das vom Künstler hier augenzwinkernd angelegte gemeinsame „Qualmen“ bekommt eine soziale und politische Dimension. „Im Kontext der Uber-isierung von Arbeitsverhältnissen scheint die Zigarettenpause der letzte Gemeinschaftsmoment zu sein, der Arbeiter:innen bleibt, um sich über ihre entfremdete Situation auszutauschen,“ so Tremblin. Aufgestellt ist die Skulptur daher sinnigerweise in einem Unterstand, der früher von den Völklinger Hüttenarbeiter:innen zur Raucherpause genutzt wurde.

Tautological Propaganda

Tremblin 2

Tremblin 2
Copyright: Weltkulturerbe Völklinger Hütte / Karl Heinrich Veith

Datierung

2022, in situ

Abmessungen

2,7 x 14 m

Material

Papier

Beschreibung

Der in Straßburg lebende Mathieu Tremblin kann ohne Übertreibung als ein Meister des urbanen Konzeptualismus bezeichnet werden, wenn diese Bezeichnung spielerische Visualität und bei aller Vielschichtigkeit beißende Kommentare umfassen darf. Der Urheber der im Netz viral gegangenen „Tag Clouds“, vergreift sich gerne an vermeintlichen Gewissheiten der Szene und der Gesellschaft. „Französischer Street-Art-Künstler macht Graffitis endlich lesbar“ titelte etwa der Musikexpress zu seinem berühmt gewordenen Projekt. Mit Künstlern wie Tremblin sind Graffiti und Street Art in einer Ära der Selbstreflexion angekommen. Sein Werk „Tautological Propaganda“ nimmt die kommerzialisierte, zur Modemarke verflachte Arbeit des vor allem für sein ikonisches Obama-Poster weltweit bekannten Street-Art-Künstlers Shepard Fairey gekonnt auseinander. Dieser hatte sich zur Schaffung eines kritischen Images für seine „Obey“-Kampagne mit Zitaten aus John Carpenters kapitalismuskritischem Kultfilm „They Live!“ von 1988 bedient – und später daraus seine Modemarke Obey Clothing generiert. Tremblin betrachtet nun ebenfalls in Anlehnung an Capenters Film Konsument:innen von Faireys Mode anhand deren Social-Media-Posts durch einen Sonnenbrillenfilter, der das wahre kapitalistische Gesicht sichtbar macht – in diesem Fall von käuflichen Urban-Art-Styles.  

Tautological Propaganda
2022, in situ