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Künstler:in

Die Gesellschaft der Stadtwanderer

Beschreibung

Auf einem hölzernen Brett hängen die dreisprachigen Dokumente der Gesellschaft der Stadtwanderer: das Manifest auf einem Poster, ein Plakat, auf dem die Erkundungsgeschichten gesammelt werden, eine gemeinsame Visitenkarte. Auf einem Aufkleber prangt der Name der Gruppe, der wie mit Kreide auf dunklen Hintergrund gezeichnet scheint und dabei an die Tradition der Haussegnung erinnert.
Sechs doppelseitig bedruckte A2-Poster, die auf Sockeln und mosaikförmig angebracht sind, präsentieren auf der einen Seite Abbildungen, die mit der von den Gruppenmitgliedern durchgeführten Erkundung Völklingens in Verbindung stehen. Auf der anderen Seite sind poetische Texte abgedruckt, die von den Stadterkundungen inspiriert sind.
Auf der Vorderseite zeigt eine Fototapete, die auf eine Bürowand der früheren Bank aufgetragen ist, einen See vor einer Berglandschaft. Die Farben Gelb und Magenta sind durch die Lichteinwirkung verschwunden; vielleicht ist das Schwarz verblichen, übrig ist nur ein Cyan-Farbton, welcher der Szenerie eine eisige und surreale Atmosphäre verleiht.
Auf der Rückseite greift Mathieu Tremblin den Liedtext von Maurice Chevaliers „Quand un vicomte“ von 1935 auf, den er von seinem Großvater vorgesungen bekam. Die geschilderten Begegnungen von gleichgesinnten Fachleuten in einem Kinderreim, verweisen auf die Art und Weise, wie unsere beruflichen Hintergründe einseitige Blicke auf das urbane Geschehen verursachen.
Auf der Vorderseite blüht auf grünem Gras eine geschwungene Reihe von Stiefmütterchen, auf Gräbern, die auf das Einfachste reduziert sind: Gusseiserne Stelen, welche die Namen, Geburts- und Sterbedaten der Begrabenen preisgeben, ragen aus der Erde.
Auf der Rückseite beschwört Antonio Gallego esoterisch den Zyklus des Lebens, die Nachwelt, den Frühling, ausgehend von einer Träumerei im Zug von Paris nach Völklingen.
Auf der Vorderseite sind Brandspuren an einem Haus zu sehen, das mit den mit Spanplatten verschlossenen Fenstern den Eindruck erweckt, als sei die Fassade gestrichen worden.
Auf der Rückseite gibt Epos 257 ein Gefühl wieder, das einen beim Durchstreichen der Stadt beschleicht, die sich von ihrer industriellen Vergangenheit löst, um eine gewisse Ruhe zu finden.
Auf der Vorderseite wächst Moos aus den Fugen der Pflastersteine und zeichnet ein zugleich geometrisches und organisches Muster.
Auf der Rückseite beschreibt Deana Kolencikova auf poetische Weise die Präsenz des nicht-menschlichen, von Insekten, Vögeln und Pflanzen, welche das Eisenwerk wieder in Besitz nehmen und ihren Lebensraum bis in die Stadt ausdehnen.
Auf der Vorderseite prangt das Vereinswappen des SV Röchling Völklingen 06 in Rot, Schwarz und Weiß, gemalt an einen Schuppen am Hermann-Neuberger-Stadion. Gegründet 1906 trägt der Verein noch heute den Namen der Familie Röchling, die das Eisenwerk besaß, das heute UNESCO-Weltkulturerbe ist.
Auf der Rückseite platziert das Duo Wanderlust Social Club, bestehend aus Jiem L'Hostis und Mary Limonade, den Text eines populären Liedes, das von Ultras verschiedener Fußballvereine – allen voran ihres Lieblingsvereins FC Liverpool – auf der ganzen Welt gesungen wird. In die Fan-Welt übertragen, ist der Text eine Hymne auf die gemeinsame Leidenschaft, einen Verein durch Dick und Dünn zu begleiten.
Auf der Vorderseite erzählt die Ansicht einer regenbogenfarbenen Benzinpfütze von der paradoxen Schönheit fossiler Energien und der tödlichen Faszination, die sie erzeugen.
Auf der Rückseite offenbart Coco Bergholm auf ihrem Weg durch die Stadt einen besonderen Blick für Details: Texturen und Spuren erscheinen im übertragenen Sinn als gesellschaftliche Herausforderungen.

Mathieu Tremblin / Daniel Bauer

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